Nach 25 Jahren Deponiebetrieb und dem Ablagern hochtoxischer Stoffe ist es einmal an der Zeit innezuhalten und Resumee zu ziehen.

Ist eine weitere Belastung der Menschen und der Natur zumutbar und können Politiker es verantworten gegen die Interessen der Menschen den Ausbau der Deponie und die Ansiedlung weiterer Müllindustrie voranzutreiben (MBA/ Verbrennung des Outputs)?

Der sog. Altteil der Deponie stellt eine potenzielle Gefahr für die Umwelt dar Zitat aus dem Abschlußbericht des Bundesministeriums Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF)1.6.1996 - 31.5.2000

Luft:

-höchster Ozonwert bundesweit 253µm/m³ (Umweltbundesamt 10/2000)

-Blei+ Cadmium höchste Werte landesweit (Lufgütebericht 98/99 S.21 Tab. 15)

-höchste Ammoniumstickstoff und Sulfatschwefelfeinträge durch die Deponie 1998 +1999+2000(Monatsbericht zur lufthygienischen Überwachung Jan.-März 2001 LUNG)

-ca. 100 Mio. m³ Gas entweichen jährlich aus der Deponie, nur 20 Mio. m³ werden gefasst.Die in die Atemluft entweichenden 80 Mio. enthalten neben den extrem schädlichen Klimagasen wie Methan und C02 auch hochgiftige krebserregende Stoffe wie Vinylchlorid und Benzol.(Deponieüberblick 2000 vom März 2001) Gaszusammensetzung

Das sind die giftigen zum großen Teil krebserregenden Gase : Methan, Stickstoff,Chlor,Fluor, Schwefel, Silizium, Vinylchlorid(ca. 50mg/m³),Benzol(ca.14mg/m³), n-Hexan(ca.40mg/m³), 2,4-Dimethylpentan, n-Heptan, n-Octan, Dichlormethan, Trichlormethan, Trichlorethen(Spitzenwert 89mg/m³), Tetrachlorethen, cis-Dichlorethen,trans DCichlorethen, 1,1-Dichlorethan, Chlorethan,1,1 Dichlorethen, Chlorbenzol(meist < 0,5 mg/m³), Trichlorfluormethan,1,1,2Trichlorfluorethan, Dichlordifluormethan( ca. 20mg/m³) Schwefelwasserstoff, Propanthiol,1 Buthanthiol,Diomethylsulfid, Tiophen, Methanthiol,Toluol(Spitzenwert 1230mg/m³ Gas), Ethylbenzol, p,m-Xylol(Spitzenwert 680 mg/m³), o-Xylol( Spitzenwert 173 mg/m³), Cumol, 2,5 Dimethylfuran(< 2mg/m³), Isopropylehter(Spitzenwert 70 mg/m³) Formaldehyd ( Spitzenwert 0,2 mg/m³) Acetaldehyd( Spitzenwert 78mg/m³), Phenol, Ammoniak, Arsen, Phosphor, Cyanide(< 0,02 mg/m³).

Die Konzentration dieser Stoffe wird von den Fachbehörden nicht gemessen! Nach unseren Hochrechnungen entweichen pro Jahr mehrere Tonnen dieser Gase ungehindert. Diese Gase und deren Gestank führen bei Anwohner zu Übelkeit, Atemproblemen und Reizungen der Augenschleimhäute.

Mehrere Brände auf der Deponie mit Bildung toxischer Gase(z.B.: 22.9.1992)

Grundwasser:

48m³ Deponiesickerwassereintrag pro Tag (!) in den Untergrund (Geologisches Landesamt MV 1991)

Kontamination mit Chlorid in mehreren Meßstellen im Bereich der Deponie und ihrem Umkreis 1987-1988 eine Zunahme um den Faktor 10-15. Der Stoffeintrag ist deutlich im Zentrum des Deponiegeländes zu erkennen.

Bleikonzentrationen 1987- 1990 in 32 Fällen über dem Sanierungsrichtwert von 200µg/l mit dem Maximalwert von 7500 µg/l. Dies betrifft auch die Grundwassermessstellen P13, P17, P23 und P32 aus dem tieferen Quartär und P37 aus dem tiefsten Quartär.

Bohrung Hy Selm 99/87 in einer Tiefe von 235- 237 m unter GOK 4,65 µg/l Hexachlorcyclohexan (Lindan).

Schlußfolgerung: Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass Sickerwasserinhaltsstoffe im tieferen Quartär nachgewiesen worden sind.( Statusbericht GLA- MV Nov. 1991)

Es ist nicht auszuschließen, dass die Arsenkonzentrationen in den Verockerungszonen 15m- 37m unter GOK partiell mit Undichtigkeiten in der Deponiebasis in Zusammenhang stehen.

Messstellen 102 , 201,360 Vinylchlorid,Fluoranthen(PAK) in den Meßstellen 105 und 403 oberhalb der TVO

Messstelle 150 und 330 1- und 2- Metyhlnaphtalin Messstelle 63 und 202 Phenole oberhalb der Grenzwerte vom STAUN

Messstelle 170 2- Metyhlnaphtalin (BMBF Abschlußbericht)

Seit 1996 Messtelle 360 (Bockholzberg) Vinylchlorid, Benzol, LHKWS in hohen Konzentrationen mehrfach über dem Geringfügigkeitsschwellenwert der LAWA.

....im Grundwasser der Messstelle 361 außerdem bei fast allen entnommenen Proben Nickel und Cadmium bestimmbar."(BMBF Abschlußbericht)

S.21 " ....eine Beeinflussung des Grundwassers in den Messstellen 150, 131 und 360 durch das Sickerwasser"

S.22 "Im Abstrom der Deponie befinden sich Grundwässer (Messstellen 150,131,170 und 180)*, deren Borisotopenzusammensetzung durch Deponiesickerwasser beeinflusst wurde. Außerhalb dieser sickerwasserbeeinflussten "Fahne" der Messstellen 150,131,180 und 170 liegen Messstellen( 190,120,110,140), deren ð11B von etwa 2 0/00 keine Sickerwasserbeeinflussung vermuten läßt."

S.23 " Aufgrund der Borisotopenverhältnismessungen und LCKW-Analysen kann im Wasser der Messstelle 360* ein Deponiesickerwassereinfluss angenommen werden.

Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung Dr.Gäbler 1999

*alle Messstellen liegen südlich bzw. östlich der Deponie,die Fließrichtung ist gegen Schönberg gerichtet!

Der Hydrogeologe Prof.Dr.Pegdecker von der Berliner Universität drängt im Janunar 2000 und Februar 2001 auf eine schnelle Sanierung.(vergeblich).

Er wies auch darauf hin, dass die Geologie der Deponie, was zumindest die oberen Grundwasserleiter angeht, für einen Deponiebetrieb ungeeignet sind, wie der aktuelle geologische Schnitt eindrucksvoll belegt. Gut zu erkennen sind die in gelb gehaltenen Wasserleiter und die vielen Fragezeichen direkt unter dem Deponiekörper !

Oberflächenwasser:

1987 Jabsbekmündung Dassower See hohe Werte an :Chlorierten Kohlenwasserstoffe(AOX) Quecksilber, Cadmium, Blei, Arsen, Chrom, Nickel, Kupfer und Zink.

Stepenitz: 1984 Nickel 1985 Cadmium(LAWAKÜ)

1986 Selmsdorfer-/ Lüdersdorfer-/ Palinger Graben Belastungen mit Ammonium

1987 Sulfatbelastungen am Rupensdorfer Bach/Selmsdorfer-/ Lüdersdorfer- und Palinger Graben . Hohe Chloridwerte am 18.2.+ 19.3.1986 (DDR Messungen)

In der Wakenitz zeigen sich 1987 bei Rothenhusen sowie an der Eisenbahnbrücke kontinuierliche Anstiege des AOX- Gehaltes und von Chrom.( Messungen Lübecker Umweltamt)

2000: in jeder der 30 untersuchten Oberflächenwasserproben konnte AOX festgestellt werden. (Abschlußbericht BMBF)

Boden:

Die unter Luftbelastung angegebenen Stoffe finden sich auch im Boden wieder. Der Boden im gesamten Umfeld der Deponie ist mit Blei, Arsen und Quecksilber belastet. Dies wurde am Bohrmaterial der Grundwassermessstellen festgestellt.

Desgleichen lassen sog. Verockerungszonen deutliche Beeinflußung auch tieferer Boden- und Wasserschichten durch Sickerwässer der Deponie erkennen. (BMBF Abschlußbericht)

Welche Auswirkungen haben diese Belastungen auf Umwelt und Menschen ?

Anwohner klagen bei Deponiegerüchen ,die zeitweise mehr einem unkontrollierten Gasausbruch gleichen , über Atembeschwerden, Augentränen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.

Die Tumorarten, die in Zusammenhang mit Umwelteinfüssen gebracht werden, weisen in Schönberg eine höhere Rate auf.

So ist die statistische Wahrscheinlichkeit, an Leberkrebs zu erkranken, der u.a. durch Vinylchlorid(s.o.) ausgelöst wird, in Schönberg 300 % höher als im Kreis oder Landesdurchschnitt.

Ebenfalls deutlich erhöht ist die Wahrscheinlichkeit an Hodenkrebs zu erkranken.

(Quelle: gemeinsames Krebsregister in Berlin)

Wenngleich die Fallzahlen und Bevölkerungszahl gering sind und die Aussagekraft aus dem Grunde eingschränkt ist, halten wir es aus verschiedenen Gründen für unerläßlich, diesen Indizien nachzugehen:

Die im Krebsregister genannten Zahlen sind die Mindestzahlen an Tumorerkrankungen.

Gerade im Grenzgebiet zur mit einer Universitätsklinik ausgestatteten Großstadt Lübeck, lassen sich Tumorpatienten in eben dieser Klinik auf Schleswig-Holsteinischem Gebiet behandeln.

Ein Datenabgleich bzw. -übermittlung findet z.Zt.nicht statt.

Niemand darf das Risiko eingehen, dass durch eine versäumte epidemieologische Untersuchung gehäuft Erkrankungen auftreten, die u.a. durch aufgezeigte Emmissionen ihre Ursache haben könnten. Es ist bekannt, dass bei einer hohen Hintergrundbelastung der Population eine nur relativ geringe Zusatzbelastung zu einem dramatischen Anstieg von Erkrankungen führen kann.

Wir halten eine umweltmedizinische Studie für unerläßlich.*

Im Sommer 2001 brachte ein Schwanenpaar, welches seit langer Zeit am großen Teich in Selmsdorf lebt, 6 Jungtiere zur Welt, alle davon starben bis heute. Ein Elternschwan hat einen großen Tumor am Kopf (Nachtrag am 10.09.02 Es gibt nur noch einen Schwan)

Uns liegt eine Liste mit Tumorerkrankungen unter Deponiemitarbeitern vor: danach sind 15(!)(Nachtrag Juli 16)Nachtrag Juli2003 18) Mitarbeiter an Krebs erkrankt, 8 davon sind schon verstorben. Die Tumoren betreffen in 12 Fällen die Drüsen. Diese Krebsarten werden u.a. durch Lösungsmittel ausgelöst.

Im Rahmen unserer Tätigkeit im Deponiebeirat haben wir diese Liste Ende März 2002 dem Umweltministerium zur Prüfung übergeben. Damals waren auf dieser Liste 12 Namen. Im April mußten wir einen weiteren Namen und im Juni nochmals 2 Namen ergänzen. Es betrifft dies 12 Männer und 2 Frauen. Am häufigsten ist der Lymphdrüsenkrebs*( 5! mal) auf der Liste, gefolgt von Lungen* und Leberkrebs*(3 bzw.2 Fälle) sowie jeweils einem Kehlkopfkrebs*,Bauchspeicheldrüsenkrebs*, Prostatakrebs*,Hodenkrebs *sowie einem Hirntumor*.Wir fordern von allen Beteiligten eine schnelle Untersuchung der möglichen Zusammenhänge und umfassende Aufklärung !

Ob und in wieweit die Erkrankungen, die auf der Liste sind, verifiziert worden sind, ist uns nicht bekannt. Sicher aber hat sie dazu beigetragen, dass eine Untersuchung eingeleitet worden ist.

Als Hintergrundinfo:

Für die Lymphome werden Chemikalien mitverantwortlich gemacht: Der häufige Umgang mit bestimmten Unkrautvernichtungsmitteln (2,4-Phenoxyverbindungen), Insektiziden auf der Basis organischer Phosphorsäureester, Pilzvernichtungsmitteln und einigen organischen Lösungsmitteln (Benzol, Styrol, Trichloräthylen) ist mit einem erhöhten Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome verbunden. Auf der Deponie werden auch Insektizide abgelagert, deren Verfallsdatum abgelaufen ist oder die wegen Gesundheitsgefahren verboten worden sind. Wo die Tonnen Nitrofen aus Malchin geblieben sind, die nach einer Fernsehmeldung mit finanzieller Unterstützung des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur in Schwerin fachgerecht (?) entsorgt worden sind, wissen wir nicht. Einen Verdacht haben wir aber

* die genannten Tumorarten konnten von uns nicht verifiziert werden. Daher bleibt es der Untersuchung vorbehalten, die genauen Arten zu beschreiben.

Ein Grund mehr die Deponie umgehend zu schliessen !!

April 2001 Die Deponie wird für etliche Tage gesperrt, da die Standsicherheit gefährdet ist. Dieses hält für einige Teile des Deponiebereiches bis heute an.
Juli 2002 Ein Starkregenereignis ( 150 l/m²) führt zu katastrophalen Zuständen auf der Deponie, Wasser muss in die Vorflut ( Rupensdorfer Bach- Schönberger Oberteich- Maurine- Dassower See Selmsdorfer Graben)

Noch im September wird Deponiewasser nachts ins Klärwerk Dassow zur Entworgung gefahren.

Höchste Gefahrstufe auf der Deponie, Katastrophenpläne undurchsichtig !

Es scheint die Zeit näher zu rücken, wo man zwischen den verantwortlichen und den verantwortungsbewußten Politikern unterscheiden kann.
Aber auch hier scheint die Politik nur reagieren statt verantwortlich und vorrausschauend handeln zu wollen, den wer für die Deponie ist, ist gegen den Menschen !
* Es scheint uns gelungen zu sein, dass eine unabhängige Untersuchung kommt, die Krebsfälle sollen von einem Toxikologen und einem Epidemiologen untersucht werden (Stand 12/03) Die Entscheidung darüber steht kurz bevor.

Leider scheint in der Bürokratie und in der Politik die Zeit anders zu laufen. So wurden Untersuchungskonzepte zweier anerkannter Wissenschaflter zwar in ein Leitungsvorlage eingearbeitet und eine Entscheidung des Umweltministers stand kurz bevor.

Durch den unerwarteten Tod des zuständigen Abteilungsleiters des Umweltministeriums im Januar 2004 wurden die "Karten " offenkundig neu gemischt und plötzlich wurden Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Sozial- und Umweltministerium vorgeschoben und das Landesgesundheitsamt sollte plötzlich( Juni 2004) federführend sein und die Auftragsvergabe für die Untersuchung sollte kurz bevorstehen.

Nun schreiben wir das Jahr 2005 und es sind weitere Namen von erkrankten Mitarbeitern bekannt geworden, eine Vergabe für die Untersuchung ist noch nicht erfolgt. Angeblich soll dies aber bald geschehen(2.5.2005).

Die BI fordert nunmehr vehement die Durchführung, wie schon lange versprochen, einer unabhängigen Untersuchung. Vielleicht wurde diese dringend erforderliche Untersuchung auch solange hinausgezögert, dass die Ergebnisse und deren evt. Folgen nur noch nach der nächsten Landtagswahl die Nachfolgeregierung belastet.

1.Mai 2005: Brand auf der Deponie! Ein Brand auf der Deponie mit einer weithin sichtbaren Qualmwolke sorgt für Aufregung. Entgegen allen Vereinbarungen werden weder die Menschen in der Umgebung noch die Feuerwehren der Nachbarorte Selmsdorf und Schönberg informiert. Welche Schadstoffe entstanden sein dürften , ist nicht bekannt.Anwohner berichten allerdings von öl- und terrhaltigem Brandgeruch, so dass der übliche Hinweis, es habe nur Hausmüll gebrand, sehr fragwürdig ist. Nebenbei bemerkt: Es ist mittlerweise belegbar, dass auf der Deponie auch Sonderabfälle brennen. Ob dabei mit Sicherheit entstehende Giftgase in Ihrer Zusammensetzung und Menge analysiert werden, können wir nicht sagen.......

Die Krebsstudie hat am 1.1.2006 begonnen. Die Untersuchungen sind auf 2 Jahre ausgelegt.

Endlich hat der Druck der BI ausgereicht, um die lahmende Verwaltung in MV zum Handeln zu bewegen.

Die Studie wird von

Prof.Dr.med.W.Hoffmann, MPH

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Institut für Community Medicine

Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health

Ellerholzstraße 1-2

17487 Greifswald

durchgeführt.

Wir von der BI möchten allen betroffenen Mitarbeiter/Anwohnern oder deren Angehörige dringend empfehlen, sich bei Prof.Dr. Hoffmann einmal persönlich zu melden. Wir möchten darauf hinweisen, dass Prof. Hoffmann der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt und selbstverständlichn alle Daten streng vertraulich behandelt werden. Die Informationen werden an niemanden weitergegeben. Die Kontaktaufnahme ist für das Ergebnis der Untersuchung sehr wichtig !

Der Kontakt kann per email:

wolfgang.hoffmann(at)uni-greifswald.de

per Telefon : 03834 867750

per  Fax: 03834 867752

oder selbstverständlich auch per Post an obige Adresse.

April 2007: wieder brennt die Deponie. Selbst die Polizei darf den Brand nicht in Augenschein nehmen. Wieder wird die Bevölkerung nicht gewarnt. Vielmehr wurde in der Presse verbreitet, des hätte keinerlei Gefahr für die Umwelt bestanden. Intressanter Weise wurden sogar 2(!!) Mal Messungen vorgenommen. Allerdings brach das Feuer um 23.40 Uhr aus, die Messungen wurden 3 1/2 Stunden später vorgenommen.

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