Am Dienstag den 29.1.2013 tagt der Deponiebeirat in Schönberg – Grenze wird wieder zu gemacht?
Am Dienstag, den 29.01.2013 hat das Wirtschaftsministerium zu einer Sitzung des Beirates für Umweltfragen der Deponie Ihlenberg eingeladen.
Damit hat sich das Wirtschaftsministerium dem Druck gebeugt, der von den anderen Landtagsfraktionen (Grüne MV) und auch aus Regierungskreisen (der Ministerpräsident Sellering) erzeugt worden ist. Die BI begrüßt die Einberufung des Beirates, besonders auch, dass die Leitung des Beirates nicht mehr in den Händen des Wirtschaftsministeriums liegt, die Umstände sind allerdings denkbar schlecht:
- Die Beteiligung des Beirates für diese Sitzung ist rigoros zusammengestrichen worden. Gerüchten zufolge sollen nur noch Mitglieder mit ihrem Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern zugelassen werden. Auf der Einladung zur Sitzung ist dies auch so umgesetzt worden.
- Wie soll das Ziel: dieser Beirat soll in erster Linie dem gegenseitigen Informations- und Fachaustausch über aktuelle und künftige Vorhaben am Standort der Deponie Ihlenberg zwischen Behörden, Gebietskörperschaften und Bürgern dienen (Zitat) erreicht werden, wenn nur ein Bürger eingeladen wird und die Öffentlichkeit nicht zugelassen wird!
- Das Groteske daran ist, dass diese größte Sondermülldeponie nun einmal direkt an der Landesgrenze liegt und die Hansestadt Lübeck ebenso betroffen ist wie die Stadt Schönberg, die nach wie vor im Beirat vertreten ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass es von Seiten der Stadt Schönberg wie auch von der Gemeinde Selmsdorf nicht eine kritische Wortmeldung oder Frage zur Deponie gegeben hat, während die Stadt Lübeck aus Sorge um Grund- und Trinkwasser mehr um das Wohl ihrer Bürger besorgt schien, als dies die Bürgermeister von Schönberg und Selmsdorf sind.
- Es gibt nun erkennbar nur noch 2 kritische Stimmen: der Vorsitzende der BI Stoppt die Deponie Schönberg e.V. und der BUND MV, vertreten durch ihre Landesgeschäftsführerin, wobei diese auch nur nach Protest „nachnominiert“ wurde. Deren 2 Stimmen können nun leicht überstimmt werden .
- Wie kann man auf soviel angesammeltes Wissen verzichten? Was ist der Grund dafür?
- Das Verhalten der Landesregierung gegenüber den nicht eingeladenen Beiratsmitgliedern kann man bislang nur als stillos bezeichnen und entlarvt die Äußerungen der Landesregierung über notwendiges ehrenamtliches Engagement der Bürger in diesem Fall wiedermal als politisches „Geschwätz“. Kritik, sei sie auch noch so konstruktiv, ist offenbar nicht erwünscht. So wurde jedes Beiratsmitglied mit einer Ernennungsurkunde in den Beirat berufen, wäre es da nicht ein Mindesmaß an Anstand , die nicht eingeladenen Beiratsmitglieder anzuschreiben, sich zu erklären und für die langjährige Mitarbeit zu bedanken? Ein Armutszeugnis, denn es betrifft nicht nur „aufsässige“ Bürger, Beamte der Hansestadt Lübeck, des Umweltministerium Schleswig-Holsteins, sondern auch renommierte Wissenschaftler.
- Aber eines ist natürlich geblieben: es gibt kein vorbereitendes Material für die Sitzung am 29.1.2013 . So werden wieder lange Vorträge gehalten über die privat vergebene arbeitsplatzbezogene toxikologische Studie, die von einem Mitarbeiter der Deponie (über die Qualifikation sind wir gespannt) vorgestellt wird, weiter sollen die Vorgänge der Asbesttransporte durch das Wirtschaftsministerium beleuchtet werden (wir erinnern uns an die Worte des Wirtschaftsministers Glawe: ein „gutes und richtiges Geschäft“ und die Vehemenz, mit der die Deponieleitung auf ihrer Veranstaltung in Selmsdorf diese Transporte schön zureden versuchte, die Gerichte vorher und später als Gefährdung für unsere Gesundheit einstuften.) Also auch hier der richtige Berichterstatter. Sinnvolle und notwedendige Vorbeitung ausgeschlossen.
- Der Beirat tagt wieder hinter verschlossenen Türen. Die Öffentlichkeit ist nicht zugelassen. Die Minimalforderung -einen öffentlichen Teil der Sitzung- wurde wieder nicht umgesetzt. So sieht gelebte Transparenz aus!
Wir sind gespannt, ob dies nun ein Kuschelbereit wird oder ob die Landesregierung ein Einsehen hat und den Kreis der Teilnehmer auf den alten Stand erweitert.
Zur Geschichte des Beirates:
Nach Bekanntwerden 2001 von Plänen, dass auf dem Ihlenberg eine Müllverbrennungsanlage gebaut werden sollte , dem Bekanntwerden von Grundwasserkontaminationen durch die Deponie Ihlenberg am Bockholzberg und der unerträglichen Geruchsbelästigungen war der Landesregierung klar , dass die häufigen Pressemitteilungen unserer und anderer Umweltschützer dem Ruf ihrer Deponie ernsthaften Schaden zufügen.
Es wurde 2002 ein Beirat gegründet, der große Ziele und Möglichkeiten bieten sollte. Die Landesregierung und die landeseigene Deponiebetreiberin versprachen Transparenz und einen offenden Informationsaustausch und als wohl einmalige Einrichtung: der Beirat war länderübergreifend und Kritiker und Befürworter waren gleich stark vertreten.
So waren neben dem Umweltminsterium (heute Wirtschaftsministerium), der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde, der Landkreis NWM, die Stadt Schönberg, der Kreistag NWM, die Stadt Schönberg, die Gemeinde Selmsdorf, die Hansestadt Lübeck, der Toxikologe der Universität Kiel Dr. Hermann Kruse, das Umweltministerium Schleswig-Holsteins, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein, die vereinigten Bürgerinitiativen gegen die Giftmülldeponie Schönberg, die BI Stoppt die Deponie Schönberg e.V., der BUND MV, betroffene Bürger.
Ergänzt wurde der Beirat durch Sachverständige.
Der Beirat war ein Projekt des damaligen Umweltminsters Prof. Methling und seinem Abteilungsleiters Dr. Wilhelm Beckmann(†). Die Einrichtung des Beirates wurde im Koalitionsvertrages zwischen SPD und Linken festgehalten. Mit dem Ausscheiden der Linken und dem Eintritt der CDU in die Landesregierung wurde die Deponie von der Zuständigkeit dem CDU geführten Wirtschaftsministerium zugeordnet.
Seit diesem Zeitpunkt wurde das Klima im Beirat frostiger und den offenen Informationsaustausch gab es nur noch auf dem Papier. Der große Erfolg der BI und des Beirates, die epidemiologischen Studie der Universität Greifswald, die das Krebsrisko der Deponiemitarbeiter und der Bevölkerung ermitteln sollte, wurde noch durchgeführt. Eine gleichzeitig durchzuführende toxikologischen Studie durch die Universität Kiel abgelehnt und privat vergeben. Die letzten 3 Jahre tagte der Beirat nicht mehr. Die überfällige und versprochene epimiologischen Folgestudie wurde ohne Angabe von Gründen nicht durchgeführt, was angesichts des Ergebnis der ersten Studie, nämlich eine 80%tige Erhöhung des Krebsrisikos für Mitarbeiter der Deponie, eine beängstigend fehende Fürsorge erkennen lässt oder weiß die Landesregierung so viel, dass sie eine weitere Studie fürchtet?
Gerade die ehrenamtlich mitwirkenden Bürger investierten sehr viel Zeit in diesen Beirat, um wirkliche Transparenz und Öffentlichkeit herzustellen. Die Ergebnisse waren häufig mit negativen Schlagzeilen verbunden, was wohl nicht im Sinne der Landesregierung war und die schnell den offenen Informationsaustausch einstellte. In den letzten Jahren des Beirates wurden nur noch die auch jedem anderen Bürger zustehenden Informationen gemäß des Umweltinformationsgesetzes herausgegeben. Durch die 10 jährige Beiratsarbeit sammelte sich eine enormes Wissen bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern an, dessen Nutzen sich die Landesregierung nicht mehr zu eigen machen will.
Viele Fragen zu Gesundheit, Grundwasser- und Oberflächenkontaminationen, Altlasten und Genehmigungslage blieben ungeklärt und unbeantwortet….