Neue Abfallanlage auf dem Ihlenberg geplant !
Schon wieder ein seichter Zeitungsartikel zur Deponie Ihlenberg in den Lübecker Nachrichten und wieder wäre er fast für eine Promotion der Deponiegesellschaft geeignet. Doch eine wichtige Informaion enthielt der Artikel doch: eine offenbar thermische Abfallanlage ist in Planung!
Im Einzelnen:
1.Die Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft (IAG) vor den Toren Lübecks lässt das Grundwasser regelmäßig untersuchen — die Ergebnisse aber wurden bisher nicht veröffentlicht. Jetzt soll der neue Deponiebeirat im Sommer als erster von den Werten erfahren, die auf der Deponie gemessen wurden. Nach LN-Informationen sind die Ergebnisse unspektakulär und sollen sich im grünen Bereich befinden.
Was erwartet eine Redakteurin von einem Deponieeigentümer? Schlechte Werte veröffentlichen? Mitnichten, dennoch gibt es natürlich nachgewiesene Grund- und Oberflächenkontaminationen mit Sickerwasser… Und in der Vergangenheit wurden diese auch öffentlich, auch vor dem Lübecker Umweltausschuss durch den Gutachter der Hansestadt Lübeck, Prof. Pegdecker. Auch die BI hat und wird diese Meßdaten veröffentlichen:
- 48m³ Deponiesickerwassereintrag pro Tag (!) in den Untergrund (Geologisches Landesamt MV 1991)
- Kontamination mit Chlorid in mehreren Meßstellen im Bereich der Deponie und ihrem Umkreis 1987-1988 eine Zunahme um den Faktor 10-15. Der Stoffeintrag ist deutlich im Zentrum des Deponiegeländes zu erkennen.
- Bleikonzentrationen 1987- 1990 in 32 Fällen über dem Sanierungsrichtwert von 200µg/l mit dem Maximalwert von 7500 µg/l. Dies betrifft auch die Grundwassermessstellen P13, P17, P23 und P32 aus dem tieferen Quartär und P37 aus dem tiefsten Quartär.
- Bohrung Hy Selm 99/87 in einer Tiefe von 235- 237 m(!) unter GOK 4,65 µg/l Hexachlorcyclohexan (Lindan).
- Schlußfolgerung: Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass Sickerwasserinhaltsstoffe im tieferen Quartär nachgewiesen worden sind.( Statusbericht GLA- MV Nov. 1991)
- Es ist nicht auszuschließen, dass die Arsenkonzentrationen in den Verockerungszonen 15m- 37m unter GOK partiell mit Undichtigkeiten in der Deponiebasis in Zusammenhang stehen.
- Messstellen 102 , 201,360 Vinylchlorid,Fluoranthen(PAK) in den Meßstellen 105 und 403 oberhalb der TVO
- Messstelle 150 und 330 1- und 2- Metyhlnaphtalin Messstelle 63 und 202 Phenole oberhalb der Grenzwerte vom STAUN
- Messstelle 170 2- Metyhlnaphtalin (BMBF Abschlußbericht)
- Seit 1996 Messtelle 360 (Bockholzberg) Vinylchlorid, Benzol, LHKWSin hohen Konzentrationen mehrfach über dem Geringfügigkeitsschwellenwert der LAWA…..im Grundwasser der Messstelle 361 außerdem bei fast allen entnommenen Proben Nickel und Cadmium bestimmbar.”(BMBF Abschlußbericht)
- S.21 ” ….eine Beeinflussung des Grundwassers in den Messstellen 150, 131 und 360 durch das Sickerwasser”S.22 “Im Abstrom der Deponie befinden sich Grundwässer (Messstellen 150,131,170 und 180)*, deren Borisotopenzusammensetzung durch Deponiesickerwasser beeinflusst wurde. Außerhalb dieser sickerwasserbeeinflussten “Fahne”der Messstellen 150,131,180 und 170 liegen Messstellen( 190,120,110,140), deren ð11B von etwa 2 0/00 keine Sickerwasserbeeinflussung vermuten läßt.”S.23 ” Aufgrund der Borisotopenverhältnismessungen und LCKW-Analysen kann im Wasser der Messstelle 360* ein Deponiesickerwassereinfluss angenommen werden.Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung Dr.Gäbler 1999
- Der Hydrogeologe Prof.Dr.Pegdecker von der Berliner Universität drängt im Janunar 2000 und Februar 2001 auf eine schnelle Sanierung.(vergeblich).Er wies auch darauf hin, dass die Geologie der Deponie, was zumindest die oberen Grundwasserleiter angeht, für einen Deponiebetrieb ungeeignet sind, wie der aktuelle geologische Schnitt eindrucksvoll belegt. Gut zu erkennen sind die in gelb gehaltenen Wasserleiter und die vielen Fragezeichen direkt unter dem Deponiekörper ! *alle Messstellen liegen südlich bzw. östlich der Deponie,die Fließrichtung ist gegen Schönberg gerichtet!
Also alles im grünen Bereich oder?
2.120 000 Kubikmeter sauberes Wasser kommen pro Jahr heraus, 63 000 Kubikmeter dreckiges. Das wird mit Aschekalk verdickt zu einer Art Zement und wieder eingelagert.
Deponiesickerwasser ist so ungefähr das giftigste, was auf einer Deponie anfällt. Das Wort „dreckig“ trifft diesenTatbestand nun wirklich überhaupt nicht.
Die Deponie Ihlenberg verfügt über eine technisch hochwertige Umkehrosmoseanlage, vereinfacht ausgedrückt wird das Sickerwasser mit hohem Druck durch Membranen gepresst. Daraus ergibt sich zum einen nahezu destilliertes Wasser und zum anderen das noch giftigere Konzentrat, in dem die Schadstoffe aufkonzentriert vorhanden sind, denn in Luft löst sich ja bekanntlich nichts auf.
Es handelt sich hierbei um ein überaus giftigen Sondermüll, ob dieser überhaupt auf einer Deponie der Klasse III gelagert werden darf, wurde schon sehr kontrovers im Deponiebeirat diskutiert. Und um was für eine Asche handelt es sich, mit der das Konzentrat vermischt wird? Wieder keinerlei Hinterfragen der Aussagen durch die Redakteurin.
Aber nun kommt in dem Artikel mal ein wichtige Information:
3.Durch ein neues Verfahren (eine Art Eindampfen) soll das dreckige Konzentrat bis 2016 auf 8000 Kubikmeter reduziert werden. Darin ist die Schadstoffkonzentration dann aber höher, deshalb kann es nicht mehr in der Deponie Schönberg gelagert werden, sondern kommt in unterirdische Lager.
Wiederum sehr schade, dass es keine Nachfragen der LN Redakteurin gab, um was für ein Anlage es sich denn handelt, gibt es eine Genehmigung, wenn ja von wann ist diese? Wo soll die Anlage gebaut werden. Entstehen beim Betrieb der Anlage Emissionen, Staub, Lärm oder Gestank? Keine Frage und dann natürlich auch keine Antworten. Diese hätten den positiven Grundcharakter des Artikels ja auch stören können. Statt dessen wird allenfalls wieder das Wort „dreckig“ als schlimmstes Attribut für einen Aball benutzt, der so giftig ist, dass selbst Ausnahmegenehmigungen oder Bestandsschutz nicht mehr reichen, um ihn auf der eigenen Deponie einzulagern. Wie wird der problematischen Stoff transportiert, was, wenn er verunfallt?
Aber der entscheidende Punkt ist: es wird wieder eine Abfallbehandlungsanlage auf dem Ihlenberg geplant! Das Prinzip der Trocknung wurde ja schon vor knapp 2 Jahren mit den Planungen für eine Klärschlammtrocknungsanlage verfolgt. Die Gemeinde Selmsdorf verhängte darauf hin zunächst ein Veränderungssperre, die in diesem Monat ausläuft.
Nun weiß ja jede Hausfrau/Hausmann, dass „eine Art Eindampfen“ nur mit Zufuhr von Wärme erfolgen kann. Durch welche Energie bekommt man Wärme? Das kennen wir aus unserer Küche, wo flüssige Stoffe erwärmt werden, entstehen Dampf und Gase. Welchen Schadstoffgehalt diese Gase bei „der Art Eindampfen“ von dem höchst giftigem Sickerwasserkonzentrat haben, kann sich jeder vorstellen. Unter dem Strich bedeutet das zusätzliche Emissionen für Menschen und Umwelt.
Insofern hat dieser so nett gemeinte Zeitungsbericht doch noch eine wertvolle Information für alle Bürger und auch für die Gemeindevertreter. Es wäre dringend an der Zeit, die Veränderungssperre nun zu verlängern. Immerhin soll die Anlage schon in 3 Jahren in Betrieb gehen. Und nun wissen wir auch wieder, was die schönen Visionen von Windkraft, Sonnenenergie und Pumpspeicher wirklich sollen: Ablenkung von den wirklichen Plänen.
Nur glauben wir kaum, dass sich die Mehrheit der Gemeindevertreter so behandeln lassen will. Wir werden das genau beobachten!
Für die Zukunft hoffen wir, dass die Lübecker Nachrichten sich bei der Berichterstattung nicht nur mehr beim Betreiber informieren und kritisches Hinterfragen hat immer ein besseres Ergebnis gebracht.
Diese Art schadet auf Dauer nicht nur dem Ruf der Zeitung, sondern dem Berufsstand des Journalisten insgesamt.