Selmsdorfer Gemeindevertreter machen eine 180° Wende : B-Plan Deponie Ihlenberg

SvD/ April 11, 2013/ Allgemeines/ 1Kommentare

Eigentlich sollte alles klar gewesen sein: am 28.2.2013 tagte der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Selmsdorf in folgender Besetzung:

Christian Albeck Ausschussvorsitzender SPD
Andreas Horn 2. stellv. Ausschussvorsitzender BfS
Karl-Heinz Kniep Ausschussmitglied CDU
Oliver Knoop Ausschussmitglied CDU
Kay Lüneburg Berufener Einwohner WPS
Bernhard Stoeter Berufener Einwohner SPD

Quelle: Ratsinfo Amt Schönberger Land

In dieser Sitzung wurde  unter anderem über eine Verlängerung der im April 2011 verhängten Veränderungssperre beraten und abgestimmt. Für die Verlängerung stimmten alle oben aufgeführten Sitzungsteilnehmer! Der beauftragte Planer machte in diesem Ausschuss deutlich, dass eine Verlängerung der Veränderungssperre sinnvoll sei und er diese für angebracht hielte. Wörtlich heißt es:

Die Veränderungssperre ist 2 Jahre gültig und würde demnach im April 2013 auslaufen.

Abstimmungen über die Konkretisierung der Inhalte des Bebauungsplanes zwischen Gemeinde und der IAG Selmsdorf verlaufen positiv und konstruktiv.

Unabhängig davon ist der Bebauungsplan Nr. 18 der Gemeinde Selmsdorf „Deponie auf dem Ihlenberg“ jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die Veränderungssperre um 1 Jahr zu verlängern. Hierüber hat die Gemeindevertretung Selmsdorf zu entscheiden.

§ 1 Verlängerung der Veränderungssperre

Die Geltungsdauer der Satzung der Gemeinde Selmsdorf über die Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 18 „Deponie auf dem Ihlenberg“ vom 31.März 2011, bekannt gemacht am 29.April 2011, wird gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB um 1 Jahr verlängert.

§ 2 Inkrafttreten und Außerkrafttreten der Veränderungssperre

(1)    Diese Satzung tritt am Tage nach Bekanntmachung in Kraft.

(2)    Die Veränderungssperre tritt außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist; spätestens 1 Jahr nach Inkrafttreten.

Am 15.03.2013 war die Verlängerung der Veränderungssperre dann  auf der Tagesordnung der Gemeindevertreter. Die einstimmige Empfehlung des Bauauschusses wurde zur Abstimmung gebracht und nun staunte man: innerhalb von 2 Wochen (bei einem Mitglied, Christian Albeck geschah der Sinneswandel scheinbar innerhalb von 24 Stunden) änderte sich das Abstimmungsverhalten radikal.

Bis auf die beiden Vertreter der WPS Manuela Scherlipp und Michael Tauchert, die sich damit an die Empfehlung des Bau-Ausschusses hielten, stimmten alle gegen eine Verlängerung der Veränderungssperre. Besonders überraschend auch die Kehrtwende des Vorsitzenden der Bau- und Umweltausschusses Christian Albeck (SPD),  hatte er sich doch sogar im April 2011 dafür ausgesprochen, dass die BI bei der Erstellung eines B-Planes mithelfen solle, um zusätzliche Belastungen für die Bevölkerung weitmöglichst auszuschließen.

Richtig wäre es zumindest gewesen, einmal offenzulegen, was zur 180° Wende auch entgegen den Empfehlungen des Planers geführt hatte. Doch Fehlanzeige, keiner äußerte sich gegenüber der Öffentlichkeit. Wozu wird der Bauausschuss denn hier degradiert? Braucht die Gemeinde ihn überhaupt, wenn das dortige Abstimmungsverhalten und dessen Empfehlung ohnehin nicht zählen? Wäre es nicht politisch anständig gegenüber den ehrenamtlichen Mitgliedern des Ausschusses und der Öffentlichkeit zu erklären, warum diese Kehrtwende gemacht worden ist. So sieht das nach einer Hinterzimmerpolitik aus, die wenig transparent ist.

Wir können nur spekulieren, was die Gründe für ein solch auffälliges Gebaren ist: eines ist aber klar, damit haben genau diese Vertreter der Deponie Ihlenberg einen großen Gefallen getan. Warum nur? Reichte der Satz des Deponiechefs “ Ich betrachte die Veränderungssperre als unfreundlichen Akt“, dass gestandene Männer komplett ihre Meinung ändern? Oder gab es „geheime“ Abmachungen?

Damit hat die Gemeinde Selmsdorf  ohne jeden Grund (die Veränderungssperre wäre ja aufgehoben worden, sobald ein B-Plan fertig gewesen wäre) eine starke Verhandlungsposition aufgegeben:

Sie hätte fordern können:

  • die Fortsetzung der epidemiologischen (Krebs)Untersuchung, die die Landesregierung entgegen ihrer Versprechen nicht weiterführt. Hierbei wird neben die Häufigkeit der Krebserkrankungen bei Mitarbeitern auch die der Bevölkerung untersucht.
  • eine Antwort, warum der landeseigene Betrieb seit 15 Jahren ein Grundwasser mit krebserregenden Stoffen am Bockholzberg kontaminieren darf . Offenbar bekommt die IAG das Problem nicht in den Griff und die Überwachungsbehörden sehen zu. Jeder Bürger ahnt vermutlich, was ihm „blühte“, wenn er eine solche Umweltverschmutzung betreiben würde.
  • eine Luftmessstation einzurichten
  • eine regelmäßige Überprüfung des Selmsdorfer Grabens ( für die Stadt Lübeck wird sogar seit neuestem der Palinger und Lüdersdorfer Graben beprobt)

Aber offenbar gibt es für die Mehrzahl der Selmsdorfer Gemeindevertreter nach wie vor nur eine Informationsquelle und das ist der Deponiebetreiber selbst.

Und so sind sie auch schon zufrieden, wenn der 68jährige Deponiechef sagt, wir bauen keine Müllverbrennungsanlage. Wie naiv ist das denn? Dr. Krüger fand auch den Asbestmüll unproblematisch, sagt laut Zeitungsinterview, dass auf dem „Altteil“ der Deponie überwiegend Hausmüll liegt und alle Grundwasserproben im grünen Bereich lägen… (und wir sagen darauf hin: im Himmel ist Jahrmarkt)

Naiv ist es aber auch, zu denken, die Selmsdorfer merken nicht, wessen Interessen da mehr Gewicht haben, denn im Interesse der Bürger/Innen ist die Entscheidung definitiv nicht! Immerhin herrscht hier nun Klarheit, wie einzelne Mitglieder des Gemeinderates zur Deponie Ihlenberg stehen und wo sie ihre Prioritäten setzen. Nun wissen wir auch, warum die Gemeinde kaum oder sehr zaghaft etwas gegen die Asbesttransporte unternommen hat, es immer noch keine Luftmessstation in Selmsdorf gibt und es in der Gemeindevertretung scheinbar niemanden interessiert, dass die Landesregierung nach der Feststellung des 80% erhöhten Krebsrisikos für ihre Mitarbeiter auf der Deponie dies nicht weiter untersuchen möchte.

Die Lübecker Nachrichten und die OZ nahmen sich dieses Themas auch an, allerdings offenbar ohne von dem Abstimmungsergebnis des Bau- und Umweltausschusses zu wissen. Dann hätten vielleicht der Autor Herr Lenz und auch sicher etliche Leser das Verhalten in der GV ebenfalls „unglaublich“ gefunden.

 

1 Kommentar

  1. Interessant auch der Artikel dazu im „Gut zu Wissen“, dem Informationsblatt des SPD-Ortsvereins:

    „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“
    (Dieser Ausspruch wird dem Altkanzler Konrad Adenauer nachgesagt)
    Anfang 2011, die Deponie (IAG) versucht, sich möglichst unbemerkt eine Klärschlammtrockungsanlage genehmigen zu lassen. Auch Dank der BI „Stoppt die Deponie Schönberg“ wird das bekannt. Fast alle
    GemeindevertreterInnen sind empört und beschließen auf Vorschlag von Christian Albeck einen Bebauungsplan (B-Plan) zu erstellen, um Einfluss auf das Geschehen am Ihlenberg nehmen zu können. Da dessen Erstellung aber Zeit kostet, wird zusätzlich eine 2-jährige Veränderungssperre erlassen. Beides wurde ohne Gegenstimmenbeschlossen.
    Die Erstellung des B-Plans verzögerte sich aber über den Ablauf der Sperre hinaus. Deshalb erstellte das Amt Schönberger Land (unsere Verwaltung) für die Bau- und Umweltausschusssitzung (BUA) am 28. Februar 2013 eine Beschlussvorlage, die Veränderungssperre um ein Jahr zu verlängern. Laut dem von der Gemeinde beauftragten Planer, müsste der B-Plan innerhalb eines Jahres fertig zustellen sein, daher empfiehlt auch er die Verlängerung. Der BUA beschließt (Christian Albeck stimmt mit ab) einstimmig(!), der Gemeindevertretung (GV) die Verlängerung vorzuschlagen, da nur sie darüber entscheidet.
    Am Tag vor der GV-Sitzung (13. März 2013) findet das monatliche Treffen unseres Ortsvereins statt, an der auch Christian Albeck teilnimmt. Er bekräftigt nochmal ausdrücklich die Verlängerung. Da alles klar zu sein scheint, hat Marcus Kreft kein schlechtes Gewissen, am Tag der GV-Sitzung wichtige Kundentermine wahrzunehmen.
    Aber es kommt anders als erwartet. In der GV-Sitzung am 14. März 2013 wird der Tagesordnungspunkt
    aufgerufen und nach hitziger Diskussion und persönlichen Vorwürfen wird abgestimmt: Plötzlich stimmt die Mehrheit der anwesenden GemeindevertreterInnen (von der SPD ist nur Christian Albeck anwesend)
    überraschenderweise gegen die Verlängerung! Und das, obwohl sie oder ihre Fraktionskollegen 2 Wochen vorher noch gegenteiliger Meinung waren! Allein die WPS (Manuela Scherlipp und Michael Tauchert) bleiben standfest und stimmen dafür. Vielen Dank!!
    Bis Redaktionsschluss haben wir nicht erfahren können, was den Bürgermeister, die BfS, die CDU und
    Christian Albeck dazu bewogen haben. Auf Nachfragen hat Christian Albeck uns bisher nicht geantwortet.
    Wir erwarten, dass derart gravierende Meinungsumschwünge nachvollziehbar öffentlich begründet werden. Ausschließlich Offenheit und Transparenz können Vertrauen in die Arbeit von GV und Deponie herstellen. Sie können in einem Jahr für diese Offenheit und Transparenz stimmen, indem Sie sich die Kandidaten, die Sie wählen möchten, genau ansehen. Wir setzen auf Sie!
    Übrigens:
    Nicht überall, wo SPD draufsteht, ist SPD-Selmsdorf drin!
    Bernhard Stoeter

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